Schleichwerbung vs. Content Marketing

schleichwerbung

Content Marketing in seit einigen Jahren in aller Munde. Aber was ist Content Marketing eigentlich? Einfach gesagt versteht man darunter alle Bemühungen eines Unternehmens, Leser bzw. User von den eigenen Produkten oder Dienstleistungen zu überzeugen. Im Unterschied zur klassischen Werbung werden die Informationen jedoch nicht über Anzeigen transportiert, sondern über den Content, also redaktionellen Inhalt der jeweiligen Medien, Print wie auch online und andere Plattformen.

Abgrenzung zu Werbung

Herkömmliche Werbung ist für die Konsumenten der jeweiligen Medienform in der Regel einfach zu erkennen. In Zeitungen und Magazinen, aber auch bei Online-Angeboten unterscheiden sich Anzeigen vom redaktionellen Inhalt beispielsweise durch ein anderes Layout, andere Schriftarten, und nicht zuletzt durch die prominente Positionierung von Markenname, Claim und Werbeslogan. Diese Anzeigen werden von den Werbekunden bezahlt, der Kunde bestimmt üblicherweise auch das Aussehen der Anzeigen. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden, da die angesprochene Zielgruppe den werbenden Charakter der Werbemaßnahme erkennen kann.

Kann der Leser bzw. User den werbenden Charakter eben nicht erkennen, liegt ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vor und aus der schönen wirkungsvollen Werbung wird Schleichwerbung.

Weshalb Content Marketing?

Die immer noch steigende Beliebtheit von Content Marketing lässt sich leicht erklären: Je öfter wir als Internetnutzer den üblichen Werbemitteln ausgesetzt sind, Banners, Pop-ups, Banderolen usw., desto weniger nehmen wir sie wahr. Das bewusste oder unbewusste Ignorieren dieser lästigen Anzeigen wird Banner-Blindheit genannt.

Wer seinem Unterbewusstsein die Mühe des Ignorierens ersparen will, kann Anzeigen sogar von Anfang an unterbinden, indem er Adblocker installiert, die die Anzeigen gar nicht erst anzeigen. Das ist für Medien wie auch für deren Anzeigenkunden natürlich verheerend: Wer eine Anzeige nicht wahrnimmt, klickt sie auch nicht an. Wo vor 20 Jahren die durchschnittliche CTR einer Internet-Anzeige noch bei fast 50 % lag, dümpelt sie heute im Bereich von unter einem Prozent. Es muss also eine neue Werbeform her, eine Werbeform, die die Leser und User nicht einfach „ausblenden“.

Wie sieht Content Marketing aus?

Ein Beispiel für das Content Marketing sind die beliebten Whitepapers, die manche Unternehmen zum kostenlosen Download anbieten. Ohne ersichtlich werblichen Hintergrund informiert beispielsweise das Unternehmen X über ein Thema, das die Zielgruppe interessiert. Falls Unternehmen X ein Softwarehersteller ist, kann das etwa Schutz vor Schadsoftware sein. Der Content, also der redaktionelle Inhalt des Whitepapers, kann dabei absolut hochwertig, gut recherchiert und unvoreingenommen aufbereitet sein; das von Unternehmen X angebotene Produkt wird unter Umständen nicht einmal erwähnt. Trotzdem hat Unternehmen X sich gegenüber der Zielgruppe so als kompetenter Ansprechpartner positionieren können.

Gerade im Internet stehen Firmen vielfältige Möglichkeiten offen, von eigenen Unternehmensblogs mit bebilderten Textbeiträgen, mit Videos und Podcasts oder auch mit hochwertigen Info-Grafiken, die von den Usern geteilt, verlinkt und auf den eigenen Seiten eingebettet werden können. Gerade Inhalte, die Usern echten Mehrwert bringen und die von den Usern geteilt werden können, sind für das Content Marketing geeignet und begehrt.

Wenn Content Marketing also die Bedürfnisse von Unternehmen und der Zielgruppe gleichzeitig erfüllen kann – wo ist dann das Problem? Ganz einfach: Die Probleme beginnen da, wo das Content Marketing die Grenze zur Schleichwerbung überschreitet. Das geschieht dann, wenn die User (oder bei Printmedien eben die Leser) den werbenden Charakter nicht erkennen können. Noch ist es so, dass Zeitschriftenleser und Internetuser redaktionellen Inhalten mehr vertrauen als Anzeigen. Bei Werbung setzten wir es als gegeben voraus, dass übertrieben, geschönt und vielleicht auch ein bisschen geschummelt wird – bei redaktionellen Inhalten erwarten wir eine gewisse Unvoreingenommenheit, ein Hinterfragen und Abwägen der Fakten. Diese stillschweigende Übereinkunft zwischen Leser/User und Medium wird verletzt, wenn werbende Inhalte nicht als solche zu erkennen sind.

Fliegen solche Praktiken auf, gefährdet das nicht nur das Image eines Unternehmens, es kann auch zu kostspieligen rechtlichen Folgen kommen, beispielsweise wenn Mitbewerber das Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb abmahnen. Das Medium selbst kann ebenfalls belangt werden.

Schleichwerbung und Influencer Marketing

Besonders groß ist die Gefahr der Schleichwerbung beim immer noch im Wachsen begriffenen Influencer Marketing. „Influencer“ sind erfolgreiche und sehr aktive Blogger, YouTuber, Instagrammer usw. Durch ihre große Gefolgschaft in den sozialen Medien sind sie für Unternehmen begehrte Multiplikatoren, deren Reichweiter gerne für das Marketing genutzt wird. Zudem genießen diese Influencer bei ihren Followern großes Vertrauen und sind damit ideale Werbestimmen.

Weil diese Blogger aber oft nicht mit den rechtlichen Vorschriften vertraut sind, kennzeichnen sie ihre Werbebeiträge oft nicht entsprechend – und erfüllen damit den „Tatbestand“ Schleichwerbung. Der Hinweis am Ende des Textes, dass ein bestimmtes Produkt vom Hersteller zur Verfügung gestellt wurde, kann leicht überlesen werden. Berichte über Produkte, über Reisen und Events (auf Kosten der veranstaltenden Unternehmen): Das ist Werbung, aber das wird den – oft jungen – Lesern gar nicht erst wirklich bewusst. Die Trennung zwischen Werbung und Redaktion ist in vielen Fällen schwammig bis inexistent. Manchmal wissen die Blogger selbst nicht einmal, dass sie Schleichwerbung betreiben und damit – auch im Internet! – gegen geltendes Recht (in Form des Rundfunkstaatsvertrags, des Telemediengesetzes und der Landespressegesetze) verstoßen.

Das ist für die Unternehmen, die mit den Influencern kooperieren, ein Risiko – siehe oben.

Interessanterweise sind es hier oft andere Blogger, die auf Verstöße aufmerksam machen. Das geschieht aber nicht immer mit der „Abmahnungsmentalität“ von Konkurrenten des Unternehmens; vielmehr ist die Blogger-Community durchaus darum bemüht, untereinander auf Fehler und Risiken aufmerksam zu machen.

Content Marketing ohne Schleichwerbung

Wird die Grenze zwischen Content und Werbung jedoch für alle Leser klar gezogen, ist Content Marketing in seinen unterschiedlichen Spielformen für beide Seiten vorteilhaft. Die Content-Schöpfer bekommen neue Inhalte, die Unternehmen bekommen Werbung, die nicht einfach übersehen oder weggeklickt wird.

Natürlich verlangt das von allen Seiten viel Arbeit und Sorgfalt. Es kann ein Hochseilakt sein, „Werbung“ so einzubinden, dass sie nicht stört, und trotzdem als Werbung erkannt wird. Aber der Weg zum Erfolg war ja noch nie besonders mühelos!

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Von Florian Kohl

Florian Kohl ist Geschäftsführer beim Revista Verlag in Schweinfurt, Podcaster bei schweinfurtundso.de, Blogger bei floriankohl.de und Partner bei kunkel & kohl. Du erreichst Florian per Email unter fkohl@revista.de